Über mich
Gerechtigkeit beginnt oft dort, wo Menschen den Mut haben, nicht wegzusehen. Ich bin Sarah, trans Frau, Aktivistin und Seelsorgerin. Mein Weg in den Aktivismus begann vor einigen Jahren, nicht mit einem festen Plan, sondern mit dem einfachen Wunsch, etwas zu tun. Ich wollte Menschen unterstützen, die sich in ähnlichen Situationen befinden wie ich – Menschen, die nach einem sicheren Ort suchen, nach Verständnis, nach einer Gemeinschaft.
Anfangs habe ich vor allem andere trans Personen beraten, weil ich von dem, was ich selbst an Unterstützung bekommen habe, etwas zurückgeben wollte. Daraus entwickelte sich schnell mehr: Ich sah, dass queeren Menschen in meinem Bezirk die Anlaufstellen fehlen, dass es kaum sichere Räume für Begegnung und Austausch gibt. Also begann ich, diese Räume zu schaffen – zuerst mit dem offenen Treff für queere Menschen, dann in einem größeren Netzwerk mit anderen Engagierten. Heute setze ich mich auf verschiedenen Ebenen für Sichtbarkeit, Gleichberechtigung und gesellschaftliche Akzeptanz ein.
„Schaffet Recht dem Armen und der Waise und helft dem Elenden und Bedürftigen zum Recht. Errettet den Geringen und Armen und erlöst ihn aus der Gewalt der Frevler.“ (Psalm 82,3-4) – Dieser Vers begleitet mich in meiner Arbeit. Gerade in einer Zeit, in der politische Errungenschaften wieder infrage gestellt und Rechte von Minderheiten systematisch beschnitten werden, ist es wichtiger denn je, dass wir laut bleiben. Ich weiß, dass ich nicht die ganze Welt verändern kann, aber ich kann in meinem Kiez dazu beitragen, dass queere Menschen nicht nur geduldet, sondern als gleichwertiger Teil der Gesellschaft anerkannt werden.
Mein Glaube gibt mir dabei Halt und Kraft. Die Kirche ist für viele ein Ort der Hoffnung, doch für queere Menschen oft auch ein Ort der Zurückweisung. Ich weiß, wie es ist, an einem Ort zu stehen, an dem man nicht willkommen ist. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man übersehen wird, wenn die eigene Identität infrage gestellt wird. Aber ich glaube auch an Veränderung. Deshalb arbeite ich daran, dass sich die Kirche wandelt – dass sie ein Raum wird, in dem alle Menschen angenommen werden, so wie sie sind.
Ich bin keine Kämpferin, die mit erhobener Faust in den Ring steigt. Mein Ansatz ist ein anderer: Ich möchte Brücken bauen. Ich möchte durch meine Sichtbarkeit und meine Gespräche Vorurteile abbauen. Ich möchte Menschen zusammenbringen, die sich sonst vielleicht nie begegnet wären. Ich glaube daran, dass wir als Gesellschaft stärker sind, wenn wir unsere Unterschiede nicht als Bedrohung sehen, sondern als Bereicherung.
Doch ich habe auch gelernt, dass Aktivismus nicht nur bedeutet, für andere zu kämpfen – sondern auch, auf sich selbst aufzupassen. Der politische Gegenwind ist stark, und die Angriffe auf queere Menschen nehmen zu. Ich kenne das Gefühl der Erschöpfung, das Gefühl, gegen eine Wand zu laufen. Ich weiß, wie es ist, wenn der eigene Einsatz plötzlich zur persönlichen Gefahr wird. In diesen Momenten hilft mir mein Glaube.
„Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden.“ (Römer 12,15) – Für mich bedeutet das: Menschen in ihrer Freude zu bestärken, aber auch in ihren Tiefpunkten nicht allein zu lassen. In der Seelsorge erlebe ich, wie tief die Sorgen vieler Menschen gehen – weit über queere Themen hinaus. Hier kann ich nicht nur für andere da sein, sondern auch selbst lernen und wachsen. Es bedeutet für mich aber auch, dass ich nicht nur für andere da bin, sondern auch für mich selbst. Dass ich mich zurückziehen darf, wenn es nötig ist, und dass ich trotzdem immer wieder die Kraft finde, weiterzumachen.
Es reicht nicht, Ungerechtigkeit zu erkennen – wir müssen auch bereit sein, etwas dagegen zu tun. Wenn wir gemeinsam handeln, wenn wir füreinander einstehen, dann ist Veränderung möglich.
Ich kann die Welt nicht allein verändern. Aber ich kann meinen Teil dazu beitragen. Und genau das werde ich weiter tun.